"Fast wieder Normalbetrieb"

Firmen kehren nach Hochwasser zurück – Große wirtschaftliche Einbußen – Coca Cola verlässt Fischerdorf
Von Sabine Süß

Fischerdorf. Sechs Monate nach dem Hochwasser kehrt in den Gewerbebetrieben in Fischerdorf, Natternberg und Altholz das Leben in geregeltere Bahnen zurück. „Ab Montag haben wir fast wieder Normalbetrieb“, zeigt sich Isidor Neumaier, Prokurist bei Innstolz Frischdienst, erleichtert. Die Gärtnerei Alt feierte gestern ihre Wiedereröffnung (siehe Bericht unten) und auch die meisten Mitarbeiter von Caverion (früher YIT) konnten schon wieder in ihr Firmengebäude zurückkehren. Vom Ausweichquartier in Rottersdorf ins Winterquartier in Wallersdorf umgezogen ist dagegen die Fruchthandels GmbH Lallinger.

Auf rund 5,5 Millionen Euro schätzt Isidor Neumaier, Prokurist und Leiter des Deggendorfer Betriebs, den Gesamtschaden bei Innstolz Frischdienst in Natternberg- Siedlung. Warenverluste und Bauschäden werden zu einem großen Anteil über Versicherungen und staatliche Hilfen abgedeckt. „Aber auf den hohen Verlusten wegen des Umsatzausfalls bleiben wir natürlich sitzen“, weiß Neumaier: Erst fünf Wochen nach der Flut konnte wieder ein Grundsortiment ausgeliefert werden. Nach zehn Wochen wurde das Tiefkühlhaus in Betrieb genommen, 100 Tage danach konnte den Kunden in Niederbayern, Oberpfalz, München und Oberösterreich wieder das Vollsortiment mit 4000 Artikeln angeboten werden.

Nach der sofortigen Reinigung und mehrmaligen Desinfektion des Gebäudes zeigten sich nach und nach die immensen Bau- und Maschinenschäden. Erst jetzt, sechs Monate nach der Flutkatastrophe, sind alle zerstörten Betriebsräume wieder aufgebaut und eingerichtet. Bei der Sanierung habe man trotz des engen Zeitfensters und Budgets auf eine Verbesserung der Betriebsabläufe geachtet, die Arbeitsplätze ergonomischer gestaltet, den künftigen Energieeinsatz gesenkt durch neue Haustechnik, Fenster und Türen. Das Nikolausgeschenk für die Mitarbeiter: Ab Montag können sie die wiederhergestellten Büro- und Sozialräume beziehen. Die langen Fahrtwege zu den Ausweichbüros in den Betrieben in Rotthalmünster und Pfarrkirchen fallen damit rechtzeitig vor dem Wintereinbruch weg, ebenso die Containerlösungen in Natternberg.

Mit den langfristigen wirtschaftlichen Folgen hat das Unternehmen wohl die nächsten Jahre zu kämpfen, wissen Prokurist Neumaier und geschäftsführender Gesellschafter Florian Leebmann. Die vor der Flut beabsichtigte Erweiterung müsse man deshalb vorerst zurückstellen, auch bis der Hochwasserschutz geregelt ist.

„Wenn die letzten Mitarbeiter im Januar wieder in die Gstocketwiesenstraße ziehen, ist der Normalbetrieb endgültig wiederhergestellt“, freut sich Caverion- Unternehmenssprecherin Barbara Niedermeier. Hier waren im Erdgeschoss Büroräume, Lager, Werkstatt, Archiv und Garagen überschwemmt. Bis auf die Büroräume sind alle Bereiche spätestens seit September vollständig wiederhergestellt. Die Büroflächen werden noch renoviert, sind bis Januar aber fertiggestellt. „Voll einsatzfähig waren wir die ganze Zeit, auch wenn wir direkt nach dem Hochwasser rund 110 Büroarbeitsplätze auslagern mussten. Die Kollegen wurden im ITC, dem alten Telekom-Gebäude in der Amanstraße und in dem Gebäude der Dienststelle der Malteser in der Graflinger Straße untergebracht“, schildert die Unternehmenssprecherin. 90 Mitarbeiter konnten direkt wieder in die Gstocketwiesenstraße zurück, denn der Altbau steht auf Stelzen. Die Büros im ersten Stock sind trocken geblieben.

Aus Fischerdorf vertrieben hat die Flut dagegen die Fruchthandels- GmbH Lallinger. Als „rettender Engel“ erwies sich am Tag nach der Flut ein guter Freund: Dr. Georg Pex bot Inhaber Gerard Lallinger an, sich vorübergehend auf seinem Hof in Rottersdorf bei Stephansposching einzuquartieren. „Wir sind unglaublich gastfreundlich aufgenommen worden“, ist Gerard Lallinger dankbar. So war es möglich, dass er und seine Mitarbeiter den Betrieb bereits am „Tag 2 nach der Flut“ wieder aufnehmen konnten – in Absprache und ständiger Begleitung durch die Lebensmittelüberwachung am Landratsamt. „Unsere Kunden haben erst gar nicht gemerkt, dass wir auch vom Hochwasser betroffen waren“, ist er stolz auf diese „Meisterleistung meiner Mitarbeiter“, denen er dafür größtes Lob ausspricht.

Eine baldige Rückkehr ins Gebäude in Fischerdorf ist nicht möglich: Es ist stark beschädigt worden und muss mit hohem Aufwand renoviert werden. „Aber uns blockieren im Moment die Versicherungen“, sagt Lallinger. Wegen der mangelnden Planungssicherheit musste er sich auf die Suche nach einem Winterquartier machen – denn ein Dauerzustand sollte die „Einquartierung“ bei Familie Pex nicht werden. Er würde gerne in der Stadt bleiben, hat er doch hier zusammen mit seiner Frau Nicoletta 1991 das Unternehmen gegründet. Und für Stadt und Landratsamt ist er voll des Lobes: „Von den Mitarbeitern am Landratsamt sind wir unglaublich unterstützt worden, der Landrat tut alles, um den Betroffenen zu helfen und auch die Stadt hat uns bei der Standortsuche sehr unterstützt.“ Aber: „Trotz aller Bemühungen der Stadt und des Oberbürgermeisters konnte in Deggendorf leider kein geeignetes Gebäude gefunden werden“, bedauert Lallinger. So hat er nun in Wallersdorf eine Halle gemietet. „Auf Dauer ist uns dieses Lager allerdings zu klein, es bleibt ein Übergangsquartier.“

Endgültig Fischerdorf verlassen hat Coca-Cola. Den 17 Mitarbeitern wurden Ersatzarbeitsplätze in der Niederlassung in Obertraubling und im neu eingerichteten Vertriebslager in Osterhofen angeboten. „Unser Standort in Fischerdorf war nach dem Hochwasser so schwer geschädigt, dass er nicht mehr nutzbar war“, erklärt Unternehmenssprecher Geert Harzmann die Entscheidung von Coca-Cola. Der Vermieter der Halle sieht das anders: „Wir haben dem Unternehmer zugesichert, dass wir die Halle so herrichten, wie es uns vorgegeben wird. Aber offensichtlich hatte Coca-Cola kein Interesse mehr an dem Standort.“

Quelle: Deggendorfer Zeitung, 07. Dezember 2013

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